Zu den Nomaden von Grindelwald: Bussalp – Nodhalten – Bort

Der Höhenweg von der Bussalp nach Bort bietet viel Genuss ohne grosse Anstrengung. Er führt über Alpweiden und durch stillen Bergwald und bietet grossartige Ausblicke in die Hochalpen.

Text: Andreas Staeger

Blick von Nodhalten zum Eiger

Bild: Andreas Staeger

 

In vielen Bergregionen der Schweiz funktioniert die Landwirtschaft auf zwei Höhenstufen: Im Winter hält sich das Vieh im Tal auf, im Sommer auf den Alpen. In Grindelwald gibt es zusätzlich eine dritte Stufe: Im Frühling und Herbst treiben die Bauern ihr Vieh auf ein Vorsass. Die Vorsasse sind gewissermassen Filialen der Betriebe im Tal. Sie sind deshalb auch jeweils in Privatbesitz. Die darüber liegenden Alpen hingegen sind genossenschaftlich organisiert – sie gehören allen Berechtigten gemeinsam. Die Grenze zwischen privatem und gemeinschaftlichem Besitz bildet der Alp-Hag. 

 

Das Vorsass-System war früher vor allem im Wallis weit verbreitet. Es war mit einer halb-nomadischen Lebensweise verbunden: Man zog mit dem Vieh gewissermassen der Nahrung nach. Diese Zeiten sind vorbei. Das Vieh wird heute zwar weiterhin im Frühling und Herbst ins Vorsass verlegt. Doch die Bauern fahren jetzt nur noch jeweils morgens und abends kurz hinauf, um die Tiere zu versorgen.

 

Die Wanderung von der Bussalp nach Bort verläuft grösstenteils über Alpgebiet der Bergschaften Bussalp und Holzmatten. Bei den Alphütten von Holewang liegt das Vorsassgebiet jedoch nicht mehr weit entfernt: Der Alp-Hag verläuft etwa 150 m unterhalb des Strässchens. Von der Busendstation Bussalp steigt man über Alpweiden zunächst zum Holzmattenläger ab. Von dort geht es zuweilen praktisch ebenen Wegs, dann auch sanft bis mässig absteigend dem Grindelwalder Sonnenhang entlang Richtung Osten. Abschnitte im Wald und auf offenem Gelände wechseln sich regelmässig ab. Immer wieder öffnen sich schöne Ausblicke in den Talboden und zur Gipfelkette von Wetterhorn, Schreckhorn und Eiger. Besonders eindrücklich ist die Aussicht bei den Alphütten von Holewang.

 

Die Hütten von Nodhalten stehen auf einer weiteren aussichtsreichen Waldlichtung. Das Gebiet ist Teil der Alp Bach, einer der sieben Grindelwalder Bergschaften. Die offene Alpfläche weist eine hohe Biodiversitätsqualität auf. Diese zeigt sich in einer grossen Artenvielfalt, die unter anderem Knabenkraut und Fingerwurz umfasst. Auch mehrere Feuchtgebiete mit schönen Moorteichen gehören zu. Reizvoll sind zudem die schönen Ställe, die ortstypisch mit Schindeldächern gedeckt sind, die grossen Holzbrunnen sowie das «Mälchhysi» (Melkhaus). Der ungewöhnlich schöne Flecken Erde wurde 2018 mit dem Kulturlandschaftspreis der Region Oberland-Ost ausgezeichnet. Zur Gewinnerfläche Nodhalten >>> 

 

Kurz danach, bei der Verzweigung im Gebiet Räckholter, schlägt man den links abgehenden Weg ein; er führt quer durch das Vorsass Hertenbüel an einer Reihe alter, von der Sonne gebräunter Scheunen zur Gondelbahnstation Bort. Zuvor lohnt es sich, die Aufmerksamkeit auf den Steilhang zu richten, der sich gegen die First hin hochzieht: Das Gebiet Niederbach umfasst Wiesen und Weiden mit einer aussergewöhnlich hohen Artenvielfalt: Neben dem seltenen Sudeten-Mohrenfalter kommen zahlreiche weitere Schmetterlingsarten und Heuschrecken vor, ferner gedeihen hier unzählige Bergblumen wie Knabenkräuter, Fingerwurz und Breitkölbchen sowie Türkenbundlilien und Wollgräser. Aufgrund dieser hohen landschaftlichen Qualität haben die Bewirtschafter 2020 den Kulturlandschaftspreis der Region Oberland-Ost erhalten. Zur Gewinnerfläche Niederbach >>>

 

Tipp: Auf dem Weg nach Holewang steht an einer Wegkurve im Wald das Rasthysi. Das gemütliche kleine Gasthaus erinnert ein wenig an ein Hexenhäuschen.

 

Merkmal Familientauglicher Höhenweg Schwierigkeitsgrad T1
Marschzeit 2 h Streckenlänge  6,8 km
Aufstieg 170 m Abstieg 420 m
Tiefster Punkt 1552 m Höchster Punkt 1801 m
Verpflegung Rasthysi Ideale Jahreszeit Mitte Mai bis Ende Oktober
Anreise Mit dem Bus von Grindelwald nach Bussalp Rückreise Ab Bort mit der Gondelbahn nach Grindelwald